Der Nebel lichtet sich
Ich hatte einfach kein Bedürfnis, gestern etwas zu schreiben.
Obwohl, gestern Morgen hatte ich einen eher schweren Start in den Tag. Mir lag die Trauer schwer auf dem Herzen, wenig greifbar. Wahrscheinlich ist es das Loch, von dem man immer hört, das tiefe Gefühl, dass Jan fehlt. So zu Jans Lebzeiten auch in Wochen ohne Kontakt dieses Band der Beziehung, das Wissen um seine Existenz in mir war, so ist da jetzt dieses dunkle Nichts. Das Wissen um sein nicht-mehr-hier-Sein.
Sonja ging es ähnlich. Aber wir hatten uns auch vorgenommen, eine Liste zu schreiben, was noch alles erledigt werden muss. Weiterhin bin ich nicht arbeiten, und ich merke auch bei den privaten Dingen, dass ich schlapp bin. Schlottrige Knie beim Treppen steigen, schlottring Synapsen beim Nachdenken. Stück für Stück wollen wir aber die Dinge erledigen.
Irgendwann kam ich aber doch in Fahrt. Mit Pausen, mit Bedenk-Momenten. Für einige Zeit lichtete sich der Nebel der unbekannten Gefühle. Das fühlt sich gut an, schließlich ist so endlich ein wenig Normalität zu spüren.
Heute geht es gut weiter. Die Unterlagen vom Beerdigungsinstitut sind alle da, die Auflösung von Girokonto & Co. ist terminiert, wir haben die Beileidkarten durchgesehen, ... Immer wieder bin ich erstaunt und froh, wie viele Menschen an uns denken, ihr Mitgefühl ausdrücken und Hilfe anbieten. Ich weiß noch gar nicht, wie wir dafür danke sagen können. Die vielen lieben E-Mails würde ich am liebsten alle beantworten, aber das schaffen wir gar nicht.
Den Kindern geht es auch relativ gut. Sie haben aber genauso wie wir "großen" ihre Durchhänger. Heute waren beide auch ein wenig krank. Es ist sehr entspannend, dass beide in der Schule in ihrem Tempo sein dürfen. Fehlstunden und Nachschreibearbeiten sind gar kein Problem.
Am Wochenende fahren wir nach Bayreuth. Marc und Jutta begleiten uns. In beide Autos sollten wir alle Sachen von Jan hineinbekommen. Vor zwei Jahren haben wir sein altes Jugendzimmer aufgelöst, weil er nach Bayreuth gezogen ist. Jetzt lösen wir das Zimmer in Bayreuth auf...
Ich habe das Gefühl, mein Abschiedsbrief hat mir innerlich sehr geholfen. "Ich lasse dich gehen" habe ich geschrieben, und ich habe es wirklich so gemeint und auch intensiv beim Schreiben empfunden. Auch das Gehenlassen ist eine Entscheidung.
Seit einundzwanzig Jahren lehrt Jan mich immer wieder Neues.