Jan, du fehlst uns!

Erinnerungen an die Zeit mit Jan

1. Januar 2019

Das war Jan für mich

Jan war von Anfang an ein besonderes Kind. Wahrscheinlich sind alle Kinder besonders, aber ich fand in den Baby Monaten wirklich, dass Jan das hübscheste und herausragendste Kind von allen war. Er fand früh einen guten Schlafrhythmus, blickte oft zufrieden drein und war einfach nur unser wunderbarer Sohn.

Früh zeigte sich seine Freude an Kommunikation. Worte, die er lernte, gab er gerne wieder und ließ andere an seinem neuen Wissen teilhaben. In der Natur fand er viele interessante Dinge, die er sich genau anschaute. Er hörte mir zu, wenn ich ihnen Dinge erklärte und ich hatte früh das Gefühl, dass er viel Verstand. Meine Schwiegermutter meinte oft, dass ich im Kindergartenalter mit ihm schon wie mit einem Erwachsenen rede. Er war tatsächlich sehr wissbegierig, verschlang schon in der Grundschulzeit viele Sachbücher und äufte zu manchen Themen ein erstaunliches Wissen. Manchmal war er so eingeschossen auf seine Interessen, dass er sich schwer auf anderes einlassen konnte. Der Aufbruch zum Kindergarten, zur Schule oder zu einem Termin passte ihm dann überhaupt nicht in den Kram, und diese Situationen kamen sehr oft vor.

Jan malte gern, auch wenn man nicht immer erkennen konnte, was es war. Und er war sehr musikalisch. Auch dabei hatte er oft seinen eigenen Kopf, was die Musikerzieherin oder seine spätere Klavierlehrerin oft zur Verzweiflung brachte. Doch oft waren wir am Ende erstaunt, wenn er einen ganz eigenen Weg zu Ende gegangen war und etwas Besonderes dabei herausgekommen war. Eine Befreiung war es für ihn, als er nach einigen Jahren Klavierunterricht Akkorde lernte und auf dieser Grundlage ganz sein eigenes Ding machen konnte. Bei Freunden, in der Gemeinde und auch in der Schule erntete er viel Bewunderung für seine Interpretationen des Star Wars Themes, des Davy Jones Liedes oder auch der Nintendo Tetris-Musik. Wenn er gut drauf war, spielte er Zirkusmusik, um danach zur russischen Nationalhymne zu wechseln.

Mit seinen besonderen Interessen ging auch ein besonderes Desinteresse für alle anderen Dinge einher. Ein Schulsystem für dreißig Kinder gleichzeitig mit dem Ziel, die "Allgemeine" Hochschulreife zu erlangen, passte nur bedingt dazu. Mit Begleitung und im 1:1 Kontext konnten wir gemeinsam manches ausgleichen, und so hat er tatsächlich am Ende sein Abitur geschafft! Welche übermenschliche Höchstleistung das von ihm gefordert hat, haben wir erst nachher verstanden.

Jan kam am besten mit Erwachsenen zurecht, weil sie auf ihn eingehen konnten und ihm in seinen Interessensgebieten etwas beibringen konnten. Er hatte daher entsprechend wenige gleichaltrige Freundschaften.

Jans Humor war brillant. Er liebte Wortspiele und Ironie; schwarzer Humor ging immer. Er hatte immer etwas Passendes auf Lager. Wenn andere den Humor nicht verstanden, machte es ihm wenig aus, zeigte es doch nur seine Überlegenheit. Wenn er Ziele hatte, dann sehr hohe. Einer seiner potenziellen Berufswünsche benannte er mit "Weltherrschaft".

Besondere Menschen gehen manchmal den anderen auch besonders auf die Nerven. Da machte er oft aus der Not eine Tugend und zelebrierte das besonders.

Jan hat uns als Eltern sehr herausgefordert. Seine Fokussierung auf die eigenen Interessen und die Schwierigkeiten, sich auch in das familiäre Geschehen einzupassen, erzeugten im Alltag oft Schwierigkeiten. Es war häufig schwer oder unmöglich, zwischen Förderung und Rücksichtnahme, zwischen Individualität und Geschwistergerechtigkeit die Balance zu finden.

Was aus dieser besonderen, spannenden, ungewöhnlichen Mixtur hätte werden können…