15:10 Uhr. Zuhause.
Ich bin zu Hause. Tom und Micha hatte ich per WhatsApp angeschrieben, ob sie schon da sind, oder wann sie kommen. Micha war zum Glück schon zurück, Tom wollte im viertel nach da sein. Ein Glück, ich muss niemanden nach Hause zitieren.
Als ich die Treppe hochkomme, chillt Micha auf der Couch. Ich hänge die Jacke auf, Tom kommt pfeifend herein. Hi Papa, Hallo Tom, Hallo Michi. Ich versuche, noch recht normal zu klingen. In zwei Minuten werde ich es ihnen sagen.
Ich bitte Tom, kurz mit ins Wohnzimmer zu kommen. Wir setzen uns auf die Couch, die beiden schauen etwas verunsichert. "Ich muss euch etwas sagen." – "Ist etwas mit Jan?", fragt Micha. – "Wir haben vor einer Stunde einen Anruf bekommen. Jan ist tot!"
"Au scheiße" irgendwie so etwas sagt Micha, Tom erstarrt. Wirklich, echt, wie? All die Fragen rasen durch die Köpfe. Einige werden gestellt, andere sehe ich nur hinter den Stirnen kreisen. Keine Gefühlsausbrücke, dafür Betretenheit, Schock. Schnell kommt der Vorschlag, gemeinsam zu beten. Vielleicht ist das einfacher, als miteinander zu sprechen, denn wir wissen ja alle fast nichts.
Fünf Minuten später kommt Sonja die Tür herein. Als sie Micha sieht, bricht sie in Tränen aus und nimmt ihn in den Arm. Es ist das erste Mal, dass es aus einem von uns herausbricht. Wir nehmen uns alle vier in den Arm und stehen gemeinsam da, genießen die Nähe – aber spüren auch das unausgesprochene Entsetzen.
Ich weiß nicht, wie lange wir dasitzen und reden. Was raten wir den Kindern? Wie damit umgehen? Rückzug ist OK, weinen auch. Es nicht begreifen auch.
Geht es uns Erwachsenen nicht auch so? Wir haben diese schreckliche Nachricht gehört, aber alles findet nur innendrin statt. Wir haben nichts gesehen, können nichts tun. Das Begreifen geht nur langsam.